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12-string Höfner Bj. 72 Reparatur

Hier zeige ich die Reparatur einer 12-seitigen Höfner mit Halsblock Problemen (fingerhohe Saitenlage)

Dieses deutsche Stück "Vintage"-Gitarre kam in einem äußerlich gut erhaltenen Zustand an. Zuerst ein paar Bilder, die das dokumentieren sollen:

Name auf der Kopfrückseite Rückseite Kopfplatte Front Kopfplatte

Wie bei 12-saitigen Gitarren nicht unüblich, richtete der enorme Saitenzug dem Korpus zu. Der Saitenabstand war extrem hoch, man brachte leicht den kleinen Finger darunter. Die Decke war gerade, der Steg war auch nicht locker. Komisch war aber das weiche Verhalten des Halses am Korpusübergang.

Zur damaligen Zeit waren viele Modelle mit angeschraubten Hals auf dem Markt. Dieses aber hatte keine sichtbaren Halsschrauben aber der Hals war zu weich und konnte deswegen nicht eingeleimt sein! Unterhalb des Halsfußes war ein 10mm dickes Loch mit einer M6 Madenschraube drin. Es zeigte sich, dass die Madenschraube nicht zum Verstellen des Halswinkels diente, sondern einen Haken bewegte der den Hals nach unten zog und somit befestigte. Ich dachte, dass mit einem Keil die ganze Sache erledigt sei - bis ich den Hals herausnahm und die den Schaden studierte.

Messen der Saitenlage Leichtes Abheben des Sattels

Der Saitenzug hatte das Topbinding auf 1/3 zusammengedrück und das restliche Drittel in die Decke geschoben. Beim Herausnehmen des Halses fiel ein 8mm starker Stahlstift heraus. Nach kurzem Wundern verstand ich die Konstruktion. Der besagte Haken hielt im vorderen Bereich den Hals fest, der Stahlstift saß am oberen Ende des Halsblocks und leitete das Moment und die Kraft des Saitenzugs in den Holzblock ab. Die Lage des Stahlstift-Schlitzes bestimmt somit die Saitenlage. Wohl schon sehr bald nach der Herstellung muß die Konstruktion nachgegeben haben. Es zeigte sich, dass der gesamte Halsblock an der Ober- und Frontseite von der Zarge und Decke gelöst hatte und somit verständlich wird, warum das Halsbinding so stark eingedrück war. Mit dem eingedrückten Binding hat sich auch der Halsblock selbst fast 3mm nach hinten gesenkt. Jetzt war erst einmal Tee trinken angesagt - wie gelingt die Reparatur am Besten?

Beschädigte Halsaufnahme Offene Verleimung am Halsansatz
Gebrochene Leimfuge der Decke Zerdrücktes Binding

Zuerst baute ich eine Stütze in das Innere des Korpusses. Mit einem "Türken" (umgebaute Seilklemme) spreitzte ich über 2 Tage hinweg den Halsblock wieder soweit heraus, dass er mit dem Originalbinding übereinstimmte und der Halswinkel auch wieder gerichtet war.

Herauspressen des Halsblocks

Nun brauchte man nur noch die alten Leimreste entfernen, die losen Stellen mit Keilen aufspreizen und zum verleimen vorbereiten. Damit die Verleimung nicht nocheinmal versagt, habe ich vor, die Decke mit 4 Schrauben 3x12 vorzubohren und zu sichern. Nachdem das alles geschehen ist, kann das Verleimen starten.

Aufbgingen des Leims Ansetzen der Zwingen

Der überschüssige Leim muß entfernt werden, die Schrauben angezogen und über Nacht läßt man das ganze trocknen.

Fixierung der Verleimung

Wie oben erwähnt, bestimmt sich der Halswinkel aus der Lage des Stahlstiftes. Nach dem entfernen der Zwingen und dem Entfernen des restlichen Leims, steckt man den Hals ein überprüft mit einem Lineal die Flucht über die Bundstäbchen. Idealerweise trifft das Lineal auf die Oberseite des Stegs. Je nachdem ob der Hals steif oder weich ist, kann das um 1-1,5mm vom Ideal abweichen. Den Fehlbetrag habe ich oberhalb des Stahlstiftes weggeschnitzt und an der Unterseite mit Furniestreifen wieder angebracht.

Veränderter Gegenhalter

Die Decke senkte sich 3cm vor dem Schallloch etwas ab da hier ein Holzstückchen beigelegt war. Um diese Absenkung zu kaschieren, leimte ich einen dünnen Ahornkeil bei und lackierte ihn im Ton der Decke.

Fertig eingesetzter Keil Fertig angesetzter Hals

Nun war alles getan. Die Mechaniken und das Griffbrett wurden gereinigt und geölt, neue Satien aufgezogen und das ganze spielfertig gemacht. Nach so langer Zeit kamen wieder wundervolle Töne aus der guten Höfner. Hier noch zwei Bilder der gesamten Gitarre:

Fertige Reparatur Fertige Reparatur von hinten